Überall im Web findet man sogenannte Disclaimer. Mehrere Gerichtsurteile zeigen jedoch, daß diese überwiegend wirkungslos sind.
Auf zahlreichen Websites findet man heute einen Text in diesem oder ähnlichem Wortlaut:
Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, daß man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite ggf. mit zu verantworten hat. Dies kann - so das Landgericht Hamburg - nur dadurch verhindert werden, daß man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert.
Wir haben auf dieser Seite Links zu anderen Seiten im Internet gelegt. Für all diese Links gilt: Wir möchten ausdrücklich betonen, daß wir keinerlei Einfluß auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten habe. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf dieser Homepage und machen uns ihre Inhalte nicht zueigen. Diese Erklärung gilt für alle auf unserer Homepage ausgebrachten Links!
Es ist erstaunlich, wie viele Website-Betreiber diesen sog. Disclaimer (Haftungsausschluß) inzwischen – offenbar völlig unreflektiert – übernommen haben. Die Suchmaschine Google liefert bei einer geeignet formulierten Anfrage eine halbe Million Treffer.
Im zitierten Urteil des LG Hamburg wird allerdings unmißverständlich festgestellt, daß die Anbringung eines derartigen Disclaimers gerade nicht ausreichend ist, um sich von fremden Inhalten zu distanzieren. Bestenfalls also ist der Disclaimer wirkungslos und damit überflüssig. Schlimmstenfalls ist er ein Indiz für vorhandenes Unrechtsbewußtsein. Denn die Existenz eines Disclaimers zeigt, daß sich der Website-Betreiber offenbar der Möglichkeit bewußt war, daß Links auf strafrechtlich relevante Inhalte verweisen könnten. – Im übrigen wurde das Urteil niemals rechtskräftig, denn die Parteien haben sich schließlich in einem Vergleich geeinigt.
Was also veranlaßt so viele Webmaster, einen Disclaimer zu verwenden? Mark Obrembalski schreibt:
Verbreitet scheint vielmehr die Meinung zu sein, man müsse diesen Disclaimer wortgetreu auf seine Seiten kopieren, um damit auf geheimnisvolle Weise (rechtliches) Unheil von sich und der Website abzuwenden. Es handelt sich also in Wahrheit nicht um eine rechtlich bedeutsame Klausel sondern um einen Zauberspruch. Das Phänomen sollte vielleicht einmal von Volkskundlern näher untersucht werden.
Ebenso überflüssig ist ein Link auf Seiten wie bspw. http://www.disclaimer.de/disclaimer.htm, auf denen weitere Disclaimer formuliert sind. Dort werden nur gesetzliche Regelungen wiedergegeben, die ohnehin Wirksamkeit besitzen.
Im folgenden habe ich einige für diese Problematik maßgebliche Urteile deutscher Gerichte zusammengestellt.
Wie in der Entscheidung des BGH vom 30.01.1996, NJW 96, 1131 ff. ausgeführt, kann das Verbreiten einer von einem Dritten über einen anderen aufgestellten herabsetzenden Tatsachenbehauptung dann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, wenn derjenige, der die Behauptung wiedergibt, sich nicht ausreichend von ihr distanziert. Eine solche ausreichende Distanzierung hat der Beklagte jedenfalls nicht dadurch vorgenommen, daß er auf die eigene Verantwortung des jeweiligen Autors verweist. Dies ist keine Distanzierung, sondern vielmehr eine nicht verantwortete Weitergabe und damit eine eigene Verbreitung.
Nach den getroffenen Feststellungen lag zum Zeitpunkt der ursprünglichen Schaltung des Links, der im übrigen auch nicht Gegenstand der Anklage war, keine Haupttat vor, zu der die Angeklagte hätte Beihilfe leisten können.
Für den angeklagten Zeitraum hingegen ließen sich keine Feststellungen darüber treffen, ob und vor allem wann die Angeklagte von der inzwischen erfolgten Einspeisung der Ausgabe Nr. 154 der "RADIKAL" Kenntnis erlangt hatte. Die bloße Weiterexistenz des Links kann eine Strafbarkeit der Angeklagten jedenfalls dann nicht begründen, wenn nicht positiv festgestellt werden kann, daß die Angeklagte den Link bewußt und gewollt in Kenntnis der Existenz und des Inhalts der Ausgabe 154 der "RADIKAL" weiter aufrecht erhielt.
Anbieter sind gemäß § 5 Abs. 1 TDG für eigene Inhalte, die sie zur Nutzung bereit halten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Für fremde Inhalte dagegen, die sie zur Nutzung bereit halten, besteht eine Verantwortlichkeit nach § 5 Abs. 2 TDG nur dann, wenn der Anbieter von diesen Inhalten Kenntnis hat und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Nicht verantwortlich dagegen sind Anbieter nach § 5 Abs. 3 TDG für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln (...). Im vorliegenden Fall richtet sich die Verantwortlichkeit aber nach § 5 Abs. 3 TDG. Der Betreiber der Homepage "Pfälzer Links" vermittelt nämlich lediglich den Zugang zur Nutzung, indem er auf seiner Homepage Links zu den übrigen Homepages herstellt, auf denen dann die streitgegenständlichen Bilder abgelegt sind. Bei den Bildern handelt es sich aber daher um fremde Inhalte, auf die verwiesen wird.
Im vorliegenden Fall haben die Links (...) die Funktion eines Türöffners für Dritte und dienen nur der Erleichterung des Zugangs des Nutzers zu den betreffenden Homepages, wobei die Inhalte auf fremden Rechnern gespeichert sind und von diesem auch direkt zum Nutzer Übermittelt werden.
Für die Abgrenzung von Inhalten anderer Internetseiten, auf die verwiesen wird, ist außerdem die Kommentierung der Verweisung zu beachten (...). Auch das steht hier der Annahme entgegen, der Beklagte habe sich die Seiten zu eigen machen wollen. Denn seine Homepage enthält unter Hinweis auf die genannte Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 12. Mai 1998 die ausdrückliche Erklärung, daß er sich von den Inhalten der Seiten, auf die er per Link verweise, distanziere (...).
Hier wird offenbar einem Disclaimer eine zivilrechtliche Wirkung zugesprochen. Mein Eindruck ist hingegen, daß auch das Oberlandesgericht das Urteil des LG Hamburg gründlich mißverstanden hat. Das wäre dann allerdings ein Armutszeugnis für die Richter. Solche Interpretationen können aber nicht verwundern, wenn man sieht, wie andere Juristen das Internet erklären wollen.